301.1

Realisierungswettbewerb BIZ Weissenhof

Planungszeit

August bis Dezember 2023

Auslober

Landeshauptstadt Stuttgart

Erläuterungsbericht

Zur AufgabenstellungZur Aufgabenstellung(Auszug aus dem Bewerbermemorandum) „Das BIZ soll sowohl Startpunkt in die Siedlung als auch Orientierungspunkt sein. Als geeigneter Standort ist die Fläche zwischen der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste und der Weissenhofsiedlung ausgewählt worden. Der abgeschlossene städtebauliche Ideenwettbewerb „Weissenhof 2027“ hat diesen Standort bestätigt und Rahmenparameter für die weitere Bearbeitung gesetzt (siehe Projekt 301). Das BIZ in Verbindung mit dem neu zu schaffenden Platzraum soll als verbindendes Element zwischen der Weissenhofsiedlung und dem Akademiecampus dienen und die Eingangssituation der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste neu ordnen. Es soll im Ausstellungsjahr der IBA’27 als Präsentationsort und Startpunkt für den Besuch der Weissenhofsiedlung dienen. Das zu realisierende Raumprogramm sieht rund 1.225 m2 Nutzfläche vor, wobei folgende Nutzungen untergebracht sein sollen: Ticketverkauf, Ausstellungsraum, Medienraum, Museumsshop, Büroräume, Gastronomie, Sanitäranlagen, Garderobe.“„Die Realisierung des Projekts erfolgt im Rahmen eines europaweit ausgeschriebenen kombinierten Ausschreibungswettbewerbs der Planungs- und Bauleistungen im Verhandlungsverfahren nach VOB/A mit vorgeschaltetem europaweitem Teilnahmewettbewerb unter Durchführung des „Zwei-Umschlags-Verfahrens“. Dabei ist von besonderer Bedeutung, dass bei der Realisierung des Besucher- und Informationszentrums Weissenhof (BIZ) ein hoher Wert auf einen möglichst großen Innovationsanteil sowie städtebauliche, architektonische und funktionale Qualität einhergehend mit einer hohen energetischen Effizienz gelegt wird.“
Als Gelenk zwischen Stadt, Kunstakademie und Weissenhofsiedlung und zugleich als Ausstellungs- und Veranstaltungsort hat das BIZ die Aufgabe, Nutzungsqualitäten und Vermittlungsfunktion optimal zu verbinden und einen markanten Akzent im städtebaulichen Gefüge zu setzen. Es ist Teil einer Sukzession von Bewegungsknotenpunkten entlang derer die Hinführung von der Stadt zur Siedlung erfolgt. Diese sind der Vorplatz der Brenzkirche in Verbindung mit der Südwestecke des Akademiegeländes, der Vorplatz des Akademiealtbaus, der zugleich zum Campus hinleitet und der neu zu entstehende Platz an der Mündung der Straße Am Weißenhof. Dazwischen bildet das BIZ selbst einen zusätzlichen, wohl den wichtigsten Knotenpunkt in dieser Reihenfolge. Seine allmählich zurückweichende Fassade an der Straße am Am Kochenhof verwandelt den vorgelagerten Straßenraum zum Stadtraum und leitet zum Haupteingang des Gebäudes über, der durch das auskragende Vordach und die wechselnden Beschriftungsmöglichkeiten der Fassade an dieser Stelle deutlich markiert wird. Das Foyer funktioniert als geschlossene Piazzetta und die Bewegung seitlich des Kassen- und Bookshop-Pavillons von der Stadt zum Weißenhof leitender Raum. Die umgekehrte Bewegungsrichtung wird durch die konkave Biegung der Ostfassade akzentuiert. Durch sie nimmt das BIZ die topographische Figur der Weissenhofsiedlung zwischen Mies-Bau und Rathenaustraße auf und setzt sie mutatis mutandis und in stark abstrahierter Form architektonisch um. Das Gebäude stellt sich von drei Seiten als zweigeschossiger Baukörper dar, der hinsichtlich der Höhe auf die umliegende Bebauung, vor allem die Beamtensiedlung Rücksicht nimmt und der an seiner Nordseite von einem dreigeschossigen Block abgeschlossen wird, welcher wiederum mit den Gebäuden des Akademiekomplexes korrespondiert und dadurch den südlichen Rahmen des Akademiecampus bildet.
Seinen besonderen Charakter und seine ikonische Wirkung erhält der Baukörper durch seine auf Holz und Glas basierende Materialität, durch seine modulierende, aus Glasfasergewebe mit unterschiedlichen Webdichten bestehende Bekleidung und seine Farbkomposition auf Grundlage von dezenten Rottönen. Dazu komplementär und zur Fassade der Pankokbaus kontrapunktisch ist die Westfront durchgehend begrünt und stellt damit auch die Kontinuität der Bewegung zum Akademiecampus her. Hier sind eine Wassernebelanlage und eine Klanginstallation möglich.
Die Begrünung wird auf der Dachebene fortgesetzt. Hinsichtlich der innenräumlichen Organisation sind die drei vorgesehenen Ausstellungsräume dominant. Zwei davon (Ausstellungsraum I & Medien- und Ausstellungsraum II) werden zusammengefasst und lediglich durch eine flexible, zusammenfaltbare Trennwand unterteilt. Sie empfangen ihr Licht aus einer Reihe von acht Dachsheds, der Ausstellungsraum I zusätzlich aus der Glaswand im Süden. Der zweigeschossig konzipierte Doppelraum kann sich ebenfalls durch drehbare Wandmodule zur Foyer-Piazzetta hin öffnen, während gegen Süden durch Flügeltüren dessen Öffnung in den Stadtraum möglich ist. Ein Vorhang über die gesamte Höhe der Südwand verleiht diesem räumlichen Arrangement eine ansprechende theatralische Note. Die multiplen Integrationsmöglichkeiten der unterschiedlichen Raumkomponenten erlauben in diesem Bereich über die Ausstellungsfunktion hinaus eine Vielfalt weiterer Nutzungen beziehungsweise Nachnutzungen, was für das Weiterleben des Gebäudes nach dem IBA-Jahr eminent wichtig sind. Über dem Kassenraum ist der Workshopraum organisiert.
Der dritte Ausstellungsraum (Wechselausstellung) ist prominent im obersten Geschoss des nördlichen Blocks platziert. Darunter befindet sich der Bürotrakt. Vom Foyer sichtbar und zugänglich ist Im Erdgeschoss das Café mit seinen Hilfsräumen organisiert. Dadurch, dass die Nordfront des dreigeschoßigen Blocks auf Erdgeschoßniveau zurückweicht, bildet sich direkt gegenüber dem Architektenbau der Akademie eine offene Loggia mit hoher Aufenthaltsqualität. Gleichzeitig nimmt diese Geste dem nördlichen Baukörper optisch seine Schwere. Das Café öffnet und erweitert sich bei günstigen Wetterbedingungen ebenso zum Vorplatz des Gebäudes am Weißenhof, wo eine überaus attraktive Sitz- und Aufenthaltsgelegenheit mit direkter Sichtbeziehung zum Mies-Block der Weissenhofsiedlung geboten wird. Das Dach ist für das Publikum begehbar, teilbegrünt und bietet einen reizvollen panoramatischen Ausblick zur Siedlung, zur Stadt und zur Brenzkirche.Das BIZ ist das erste Gebäude der näheren Umgebung, das im 21. Jahrhundert errichtet wird. Es befindet sich in der unmittelbaren Nachbarschaft und dient in funktioneller Hinsicht der historisch emblematischen Weissenhofsiedlung. Zugleich und mit Berücksichtigung der städtebaulichen Konstellation bildet es Teil des Akademiecampus, der wiederum mit drei weiteren Gebäuden belegt ist, welche wichtigen Demarkationspunkten der Architekturgeschichte des 20. Jahrhunderts entsprechen. Dadurch erhält das BIZ als architektonisches Objekt eine außergewöhnliche Bedeutung.

Pictogramme

Details

Skizzen und Arbeitsmodelle

Beteiligte

Generalplaner

Nüssli (Deutschland GmbH) - Nüssli Schweiz AG
Harald Dosch, CH, Hüttwilen, Schweiz

Stadtplanung

SCALA - Esefeld & Prof. Nagler
Freie Architekten BDA, dwb, Stadtplaner SRL, Stuttgart
Dipl.-Ing. Jörg Esefeld, Dipl.-Ing. Sayman Bostanci

Architekturtheorie

Professor i.R. Dr.-Ing. Sokratis Georgiadis, Architekt, Architekturhistoriker, Stuttgart

Landschaftsarchitektur

Hendrik Scholz, Freier Landschaftsarchitekt, Stuttgart

Tragwerksplanung

sbp - schlaich bergermann partner, Beratende Ingenieure im Bauwesen
Dipl.-Ing. Sven Plieninger MD, Dipl.-Ing. Paul Müller, Stuttgart

Klima Engineering

Transsolar Energietechnik GmbH, Prof. Dipl.-Ing. Matthias Rudolf , Stuttgart
Transplan, Technik-Bauplanung GmbH, Stuttgart

Technologie und Neue Werkstoffe

Prof. Dipl.-Phys. Werner W. Lorke, Frankfurt am Main

Visualisierung

rendertaxi GmbH, Dipl.-Ing. Christian Glauerdt, Aachen

Modellbau, Fotografie

S+P, Batuhan Gugeler
David Laukner, Stuttgart