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Städtebaulicher Ideenwettbewerb Weissenhof 2027

Planungszeit

Januar bis Juni 2022

Auslober

Landeshauptstadt Stuttgart und Land Baden-Württemberg in Kooperation mit der Internationale Bauausstellung 2027 StadtRegion Stuttgart GmbH

Erläuterungsbericht

Die vorgeschlagene Intervention besteht aus zwei gleichwertigen und interagierenden Elementen.
A_ Das Corbusianische Konzept der Promenade architecturale wird als Ausgangspunkt genommen und zugleich erweitert und umgedeutet nicht mehr allein im Sinne des kontinuierlichen Raumflusses im architektonischen Interieur, sondern als urbane Aneignungsform (Promenade urbaine) des ganzen Gebiets durch den Besucher und die Besucherin, den Nutzer und die Nutzerin.
B_ Der architektonische Bestand wird fortgeschrieben, dabei zeitgemäß sowie zukunftsoffen neuinterpretiert. Letzteres betrifft v.a. die Standorte der vom Umfang her wichtigsten Baumaßnahmen.

(A)_Die südliche Zufahrt zur Straße Am Weißenhof wird durch die Einführung einer Anlieger-Regelung als Platzüberfahrt möglich, die die Besucherzirkulation erleichtert. Durch Senkrechtaufstellung der PKWs und angrenzendem Flanierboulevard wird die Friedrich-Ebert-Straße neugeordnet; der Binnenraum der Siedlung vom Autoverkehr entlastet. Dasselbe System setzt sich entlang der Rathenaustraße fort. An den Übergängen zur Rathenaustraße und zum Hölzelweg entstehen Aussichtspunkte, die den Blick ins Tal öffnen.Das Vorfeld des Mies-Riegels wird in seinen ursprünglich offenen Zustand rückgeführt und auf die gegenüberliegende Seite von Am Weißenhof erweitert.

Eine lange Bank bietet die Möglichkeit einer Ruhepause. Im Siedlungsbinnenraum werden die historischen Mauerfassungen der Privatgrundstücke wieder in den Vordergrund gestellt. Die Siedlungsstruktur wird ansonsten in ihrem gegenwärtigen Zustand belassen.

Auch das Gebiet von der Stresemann- bis zur Birkenwaldstraße erfährt eine boulevardhafte Erweiterung seiner Gehwege. Die ÖPNV-Erschließung wird dadurch übersichtlich, Sichtbeziehungen werden verbessert und Querungen erleichtert. Der neue Brenzplatz dehnt sich optisch über die Straße Am Kochenhof hinaus, und trägt in Verbindung mit der Reduzierung des Straßenquerschnitts dazu bei, dass die Brenzkirche ein würdiges Vorfeld erhält. Die Raumkanten der AKA-Neubauten an der Stresemannstraße wiederum stärken die Beziehung zur Killesberghöhe. Eine Gruppe von weiß blühenden Kirschbäumen bietet Aufenthaltsqualität.

Gebäudekomplex an der Nord-West-Seite des Akademiegeländes.
Dort findet die schwerwiegendste Baumaßnahme des gesamten Projekts statt. Sie setzt bereits an dessen Westseite ein, wo der Altbauerweiterung (Werkhallentrakt) ein neuer Gebäuderiegel vorgesetzt wird, der v.a. als Ersatz für den Keramik- und der Bildhauerbau gedacht ist. Die bisherige Rückseite des Erweiterungsbaus wird dadurch zur Fassade an der Stresemannstraße, die als Schaufenster der Akademie die Präsenz der Institution im öffentlichen Raum betont. Außerdem entsteht zwischen Alt- und Neubau eine glasüberdachte Zwischenzone, die als Werkstattbereich genutzt werden kann. Das Schaufenstermotiv wird beim neu zu entstehenden sechsgeschossigen, weithin sichtbaren Gebäude für die Fachgruppe Wissenschaft aufgenommen und über Eck zur Oskar-Schlemmerstraße fortgeführt.

Leitidee bei dessen räumlicher Organisation ist die Kombination von geschlossenen und offenen Arbeitsplätzen, Seminar- und Übungsräumen und deren Verbindung mit den Bereichen, halböffentlichen bzw. öffentlichen Charakters haben (Veranstaltungssaal, Ausstellungsraum usw.). Zwischen dem Eckbau und dem Werkstattbau aus den 1970er Jahren fügt sich ein weiterer Baukörper ein, der an seinen beiden Schmalseiten Verbindungen zur Oskar-Schlemmer-Straße zulässt.

Seine innere Disposition folgt der Typologie des Werkstattbaus. Er wird Nutzungen der Fachgruppe Design zugeführt. Entlang der gesamten Breite des Gebäudes an der Oskar-Schlemmer-Straße entsteht zudem ein Werkstatthof. Ein interner Weg wird angelegt, der im Altbau beginnt, sich ungehindert entlang aller Baulichkeiten der Akademie entrollt und alle ihre Teile miteinander verbindet, und im Foyer des Architektenbaus endet. Die Promenade urbaine wird in eine Promenade architecturale übergeführt.

Schnitte

Empfangsgebäude IBA27

(B)_ Das wichtigste Gelenk zwischen Stadt, Siedlung und Akademie ist das Empfangsgebäude.
Seine Stufenform erlaubt einen markant überdachten Eingangsbereich, der von der Stadt her als Attraktor wirkt. Durch seine Transparenz funktioniert das Gebäude zur Weißenhofsiedlung hin als Vitrine, die auf allen Ebenen deren Bild ins Innere des Gebäudes holt. Zur Akademie hin bietet es vier Aussichtsplateaus mit hoher Aufenthaltsqualität, die aber auch als Open-Air Experimentierflächen genutzt werden können. Es wächst aus dem ‚Graben‘ des Neubaus II der Akademie heraus, der als offener Skulpturengarten uminterpretiert und entsprechend gestaltet wird. Das Entréegebäude bildet nicht nur den Auftakt zur Besichtigung der Weißenhofsiedlung, sondern auch den Übergang von der Stadt zum intimeren Bereich der Akademie der Bildenden Künste. Hier setzt sich die Promenade urbaine fort, die die Institution zur Stadt hin zu öffnen vermag bzw. von der Stadt kommende Bewegungen aufnimmt. Dies erfolgt mittels einer Platzfolge, die mit dem Bereich zwischen Entréegebäude und Akademie-Altbau beginnt und entlang der Schmalseite eines rechteckigen Wasserbassins, das der Geometrie des Skulpturenhofs folgt, und mittels locker platzierter, weiß blühender Baumgruppen zum Akademieplatz führt. Ein dritter, kleinerer Platz bildet sich schließlich zwischen dem Erweiterungsflügel des Altbaus, dem Neubau I (Architektenbau) und dem neu zu errichtenden

Experimentierfeld Richard Döcker

Ziel der hiesigen Intervention ist die Zuführung des Grundstücks in die Nachbarschaftsöffentlichkeit als Ort gemeinschaftlichen Austausches und Interaktion, andererseits als Stätte künstlerisch/architektonischen Experimentierens z.B. durch Bespielung von temporär wechselnden Akteurinnen und Akteuren aus diesen Bereichen. Vorgeschlagen wird hierfür eine minimalistische lineare Struktur, die dem Fußabdruck des Ursprungsbaus folgt und dreidimensional auf subtile Weise dessen Konturen nachzeichnet.

Modell

Perspektiven

Beteiligte

Stadtplanung

SCALA - Esefeld & Prof. Nagler
Freie Architekten BDA, dwb, Stadtplaner SRL, Stuttgart
Dipl.-Ing. Jörg Esefeld
Dipl.-Ing. Sayman Bostanci

Landschaftsarchitektur

Pfrommer + Roeder Freie Landschaftsarchitekten BDLA, IFLA, Stuttgart
BA (HONS) Hendrik Scholz
B. Eng. Fabian Dittus
B. Eng. Luisa Meyer-Böwing

Klima Engineering

Transsolar Energietechnik GmbH, Stuttgart
Prof. Dipl.-Ing. Matthias Rudolf

Architekturtheorie

Prof. Dr.-Ing. Sokratis Georgiadis, Stuttgart

Verkehrsplanung

Tögelplan, Möglingen
Dipl.-Ing. Hans-Jürgen Tögel

Kommunikationsdesign

Studio Tillack Knöll
Sven Tillack und Steffen Knöll, Stuttgart